Die Adventswelle

Zum 4. Advent Plätzchen backen bei Kerzenschein und dudelnder Weihnachtsmusik? Von Wegen! Unsere beiden Piloten Sven und Stefan hat es am 20. Dezember auf den Flugplatz getrieben. Die Wettervorhersagen für die „Lee-Welle“ am Thüringer Wald waren zuversichtlich. Ein versuch ist es wert, dachten sich die beiden, haben sich unseren Duo Discus geschnappt und los gings im F-Schlepp in Richtung Rudolstadt. Ob der Versuch geglückt ist lest ihr im spannenden Bericht von Stefan:

Trotz aussichtsreicher Wellenvorhersage will ich am Sonntagvormittag eigentlich „nur mal kurz“ raus zum Flugplatz fahren. Während der Fahrt, wie bei Segelfliegern üblich, geht der Blick unbewußt an den Himmel und die Wolken in Richtung Thüringer Wald lassen den Puls doch deutlich ansteigen.

Ich hatte eigentlich alles nötige dabei und vielleicht kam man ja doch irgendwie in die Luft….
Auf dem Flugplatz waren einige Leute in der Werkstatt beschäftigt. Meine Bemerkungen zur Welle wurden zwar mit Interesse aufgenommen, und der Vorschlag den Duo rauszuschieben und es zu versuchen wurde diskutiert, aber so richtig enthusiastisch war niemand. Doch dann kam zum Glück noch der Sven (FAY) dazu. Ohne lange zu diskutieren war schnell klar: Nach 2 Jahren wetterbedingter Pause wollten wir wieder Welle fliegen.
Dietmar (BM) war schnell dafür gewonnen, uns mit der Wilga das Saaletal aufwärts Richtung Rudolstadt zu schleppen.
Von unserem Optimismus waren zwar nicht alle restlos überzeugt, aber es fanden sich genug Helfer um den Duo für den Wellenflug vorzubereiten.

Um 10:54 UTC heben wir in Jena-Schöngleina auf der 20 ab und fliegen mit Kurs SW und Groundspeed 70km/h bei IAS 120km/h dem Abenteuer entgegen. Der Schlepp war von unten raus erstaunlich ruhig. Wir wollten uns in den Raum Saalfeld/ Rudolstadt schleppen lassen, um dort den Einstieg in eine Sekundärwelle zu suchen. Mit steigender Flughöhe erhöhte sich bei gleichbleibender IAS die groundspeed auf 90km/h…Nachdenklichkeit macht sich im Cockpit breit. Das ist kein gutes

Zeichen. Aber positiv denken. Jetzt hängen wir am Seil und der geringere Gegenwind verkürzt die Schleppzeit.

Nach ca. 25min am Seil waren wir über Rudolstadt in 2800m MSL. Voraus war mittlerweile alles blau. Aber eine Entscheidung mußte her. Nochmal tief durchgeatmet, allen Mut zusammengenommen und ausgeklinkt.
Vorsichtig gleiten wir in der klaren Luft Richtung Ilmenau. Auf der Luvseite ist Staubewölkung erkennbar. Über Bad Blankenburg geht das Sinken zurück, aber mehr als 0m/s sind nicht zu holen.

Weiter geht es näher an den Thüringer Wald. Die Wellenlänge betrug wahrscheinlich um die 7km .

Über Funk melden sich Micha Krannich auf seiner Stemme S10 und Olaf Kriese mit seiner ASW 24E aus schwachem Steigen im Bereich Crawinkel. Wir gewinnen unseren Optimismus zurück und über Ilmenau beginnt auch für uns der Wellenflugversuch einen guten Verlauf zu nehmen und es gelingt uns problemlos, mit einem knappen Meter bis FL100 zu steigen.

Wir bemerken, daß der Wind in der Höhe schwächer ist als am Boden und deutlich von S auf West dreht. Aber die Welle ist zuverlässig und trägt uns bis kurz vor Eisenach.

Der Sprung zum Meißner ist reizvoll, aber wir sind uns einig, daß so etwas besser vorbereitet sein muß, als das bei uns heute der Fall ist. Einen Rückholer haben wir nämlich nicht. Aber den brauchen wir in 3000m auch nicht. Also drehen wir um und fliegen zurück Richtung Crawinkel. Micha Krannich kommt uns auf gleicher Höhe entgegen mit Kurs NW. Er wird es bis zum Meißner schaffen, und auch im Segelflug zurück bis nach Alkersleben. Tolle Leistung!

Mittlerweile ist das Wellenfenster unterer Thüringer Wald (bis FL160) geöffnet, und wir beschließen, etwas höher zu steigen. Allerdings sind die Steigwerte schwach und da wir keinen Sauerstoff dabei haben, brechen wir in 3400m ab. Uns reizt es doch mehr, noch ein paar OLC-Kilometer zu sammeln.

In der Zwischenzeit ist die Front schon deutlich nach Osten vorangekommen. Die tiefstehende Sonne fängt sich in den Wolken und erzeugt eine unglaublich schöne Stimmung, passend zum vierten Advent.

Um 15:00 loc entschließen wir uns über Ilmenau in 2700m zum Rückflug nach Jena. Vorher treffen wir uns kurz mit Olaf Kriese zum Fototermin.

Mit 160km/h über Grund sausen wir nach Jena, wo wir in 1700m ankommen. Wir fliegen noch einen kleinen Bogen nach Norden. Im Südosten schaut der Fichtelberg aus der Inversion.

Nach einigen Steilkreisen über der Halle erfolgt die glückliche Landung in Jena genau 15:30 loc.

Von Witzenhausen aus war Christof Maul in einer LS 4 unterwegs in der Welle am Meißner und Werratal. Die Flüge von Christof, Micha und uns decken 155km entlang des Thüringer Waldes und der Werra Richtung Weserbergland ab…

Der zweite erfolgreiche Wellenflug von Jena aus mit reinen Segelflugzeugen ist geglückt. Das Gefühl könnte nicht schöner sein….
Unser Duo hat sich erneut bestens bewährt und es macht riesig Spaß, mit dem Flieger die Wellen am Thüringer Wald zu erfliegen.

Vielen Dank an alle, die diesen Flug möglich gemacht haben!

Stefan